Donnerstag, 30. April 2009

Tanz in den Mai

Heißa Walpurgisnacht!


Wäre ich eine Märchenhexe mit Rabe auf der Schulter und Warze auf der Nase, dann wäre ich jetzt mit meinem Besen unterwegs zum Blocksberg.


Bin ich aber nicht.


Stattdessen habe ich Besuch von einem alten Bekannten, den ich nicht rechtzeitig abgewimmelt habe, und nun hockt er in meiner Wohnung herum und frisst sich durch meine gesamten Knabbervorräte.


Meinen Vorschlag, anlässlich des morgigen Mai-Feiertags heute Abend ein wenig an die Luft und unter Leute zu gehen, hat er desinteressiert abgelehnt.

Nur das Fernsehprogramm fesselt ihn, und zwar das der übelsten Sorte. Ab und zu wünscht er sich eine der "scharfen Bräute", die dort über den Bildschirm flimmern.



Am Gipfel meiner Genervtheit ereilt mich allerdings endlich die zündende Idee.

"Scharf? Kannste haben!", denke ich mir, verlasse zielstrebig das Wohnzimmer in Richtung Küche und greife mir dort die Tabasco-Flasche in Gastronomieformat.



Von hinten schleiche ich mich dann an ihn heran, fessle seine Hände mit einem Seil und ziehe meine überraschte Beute zu dem Haken an der Wand, der früher einmal die Hängematte hielt. In diesem Moment eignet er sich allerdings auch ausgezeichnet dazu, unerwünschte Gäste an Ort und Stelle zu fixieren.

Ohne auf seinen Protest zu achten, ziehe ich ihm die Hose herunter und beginne genussvoll, seinen Unterleib inclusive aller delikaten Stellen großzügig mit der feurigen Chilisoße zu würzen.

Mag er auch schimpfen, zappeln und die Augen verdrehen: Er bekommt seine gewünschte Schärfe - und ich meinen ersehnten Tanz in den Mai. Ganz ohne die eigenen Füße bewegen zu müssen, denn nun habe ich es mir im Sessel bequem gemacht, mir ein Glas von dem Rotwein eingeschenkt, den mein Bekannter seiner Gattin mitbringen wollte, und nebenbei knabbere ich zufrieden ein Paar Chips.

Mein Unterhaltungsprogramm besteht nun daraus, dem Tabasco-Gequälten dabei zuzusehen, wie er sich um die eigene Achse dreht, stoßweise Luft ausatmet, den Kopf hin- und herwirft und von einem Bein auf das andere tänzelt.

Seine Empfindungen teilt er mir in unregelmäßigen Abständen mit - von "heiß" über "es brennt" bis "Hilfe" reicht das Repertoire, und es hört sich vielversprechend an in Bezug auf meine ursprüngliche Idee, den Mai tanzend zu empfangen.

Mit Hilfe einer Reitgerte - der Hexenbesen ist nicht zur Hand - veranlasse ich meinen GoGo-Tänzer, sein Hinterteil zu schwenken und einige gewagte Schrittkombinationen durchzuführen. Mag es auch Ausweichverhalten sein - ich habe mein Tanzvergnügen, hier und jetzt im eigenen Wohnzimmer, und auf den Blocksberg kann ich auch nächstes Jahr noch reiten. Vielleicht findet sich bis dahin ja jemand, der mein Besen sein könnte...

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